Mercedes S 500 4Matic im Test: Noch immer das Maß der Dinge? (2024)

Der größte Luxus der neuen S-Klasse ? Vielleicht derjenige, dass Mercedes abwägt, ob Neuerungen Ingenieurs-Spielerei bleiben oder in den Rang des Nützlichen aufsteigen. Kamera statt Außenspiegel? Ja, ginge. Aber nein, ist schlechter als die bisherige Lösung, also bleibt man bei ihr – keine Randverzerrung, keine Bewegungsschlieren, keine Akkommodation notwendig. Und der selbstbewusste Verzicht geht weiter: Furzgeräusche à la Tesla Model S? Karaoke? Schon beim Schreiben zuckt kalter Schauer durch die Finger; das überlässt man anderen.

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Man muss nicht zwanghaft Gimmicks präsentieren, um als interessant zu gelten. Es kann sich stattdessen rentieren, bestehende Technik über den Zustand einer Beta-Version hinaus zu entwickeln oder Bekanntes auf ein bisher unerreichtes Niveau zu heben. Denn was einem in der S-Klasse kurz den Atem verschlägt, ist das um Augmented Reality (3.558 Euro) erweiterte Head-up-Display: Es proji*ziert im Navigations-Modus Richtungspfeile scheinbar auf die Straße. Genau dort platziert, wo man im nächsten Moment abbiegen muss.

Und der zentrale Touchscreen (OLED-Technik serienmäßig) führt vor, dass ein XXL-Bildschirm weder nach aufgesetztem iPad noch nach Elektronik-Katalog auszusehen hat: In der S-Klasse wächst er elegant aus der Mittelkonsole heraus. Mögen andere bei Display-Größen vorgeprescht sein: Erst in der vermeintlich alten Welt der S-Klasse findet Digitales ein stilsicheres Umfeld. Ja, Analoges macht die Klassen-Zugehörigkeit kenntlich; daddeln kann heutzutage fast jede Neuerscheinung, aber: Die S-Klasse heizt auf Wunsch die Nackenkissen im Fond, um nur ein Feature aus dem optionalen Wellness-Repertoire der urbehaglichen Sitze zu erwähnen.

Zudem scheint der Ansatz der Gestensteuerung im Mercedes an Sinnhaftigkeit gewonnen zu haben: Der Spot im Dachhimmel erkennt, wenn ein Mitreisender ein Magazin aufschlägt, illuminiert daraufhin den Lesebereich. Obwohl das alles natürlich satten Aufpreis kostet, möchte man bewundernd "Wow, großes Kino!" ausrufen. Wobei der Luxusgleiter selbst schon fast einen Kinosaal mit über zehn Quadratmetern Grundfläche darstellt. Gut, dass er weder außen mit Sicken, Falzen und Kanten um Aufmerksamkeit bettelt, noch innen mit Materialbombast. Die S-Klasse strahlt eher die kultivierte Gelassenheit des alten Geldes aus.

Miniatur-Beamer leuchten

Mercedes S 500 4Matic im Test: Noch immer das Maß der Dinge? (14)

Maximilian Balázs

Nie war die Nacht heller ausgeleuchtet als mit dem Digital-Licht und seinen über zwei Millionen Miniatur-Spiegeln (2.249 Euro) – empfehlenswert.

Einziges Bling-Bling wäre die Ambiente-Illumination, sofern man sie kunterbunt einstellt – in warm abgetöntem Weiß lässt sie den Innenraum andererseits besonders edel schimmern. Das Leuchtband unterhalb der Fensterlinie inszeniert übrigens nicht nur Lightshows, sondern warnt bei Bedarf rot blinkend vor Hindernissen im toten Winkel.

Apropos Lightshow: Nie war die Nacht heller ausgeleuchtet als mit dem Digital-Licht und seinen über zwei Millionen Miniatur-Spiegeln (2.249 Euro) – empfehlenswert. Stichwort "digital": Natürlich lässt es sich in der Limousine streamen, spotifyen und appen – vorn wie hinten. Ebenso aktualisiert sich die Software von über 50 Elektronikkomponenten over the Air, wie es auf Nerd-Deutsch heißt. Zudem kann der Mercedes Wohlfühldaten des Fahrers via Smartphone oder Fitnessarmband ausspionieren. Bliebe noch der Schalter- und Tasterschwund im Innenraum. Ihn, wie vieles andere, hat das Silicon Valley zum Must-have hochgejazzt – nicht gerade zum Vorteil der Bediensicherheit. Immerhin bietet die S-Klasse als Alternative für einen ablenkungsfreien Zugriff eine servile Sprachsteuerung. Meist genügt ein lax formulierter Wunsch, der nun auch vom Fond aus geäußert werden darf.

Der Luxusliner reagiert gegen Aufpreis sogar auf einen strengen Blick in die jeweilige Richtung, um Außenspiegel oder Heckrollo zu bedienen – dank stets mitfilmender Kameras im Dachhimmel. Ja, liebe Tech-Nerds, es gibt noch Überraschendes im Bereich der Mechanik. Darunter fällt – viel wichtiger! – ebenso die herausragende Schalldämmung der S-Klasse als unverzichtbare, dennoch undigitalisierbare Basis für ein luxuriöses Fahrgefühl. Wir säuseln also im S 500 angenehm leise dahin, der aufgeladene Reihensechszylinder stellt die gewünschte Reisegeschwindigkeit nach einer lässigen Fußbewegung ein. Autobahnkilometer ziehen unter uns hinweg, kaum Stöße, kaum Störgeräusche. Dank in Zug- und Druckstufe adaptierender Stoßdämpfer absorbiert das serienmäßige Luftfahrwerk so gekonnt, dass man dessen Arbeit nach kurzer Zeit kaum noch wahrnimmt.

Die S-Klasse kuschelt

Mercedes S 500 4Matic im Test: Noch immer das Maß der Dinge? (15)

Maximilian Balázs

Gelassen bleibt die S-Klasse mit Allradantrieb selbst bei den querdynamischen Versuchen. Die Kollegen der Testabteilung berichten von unerschütterlicher Stabilität selbst beim schnellen Ausweichen.

Das ist weniger weltentrückt als vielmehr idealisierend: Nie schienen die Straßen besser asphaltiert als in der S-Klasse. Dennoch schwebt jene nicht isoliert darüber hinweg, sondern kuschelt eher. Denn das Chassis hält bemessenen Kontakt – wichtig, falls man auf der Landstraße das Kurventempo anziehen möchte. Etwa so weit, bis der 2,1 Tonnen schwere Wagen seinen gestandenen Körper hilfreich Last wechselnd durch den Scheitelpunkt zirkelt. Auch hier profitiert der Koloss von der optionalen Allradlenkung, welche die Hinterräder für 1.547 Euro bei niedrigem Tempo bis zu zehn Grad einschlagen lässt – und damit eine Wendigkeit vorgaukelt, die qua Statur gar nicht vorhanden sein kann. Andererseits peilt die S-Klasse auf der Fernstrecke staatstragend und unnachgiebig den Horizont an. Erst diese Kombination ist Fahrwerksabstimmung par excellence.

Auf der Suche nach dem Haar in der Suppe könnte man im 500er nun den Verlust von zwei Zylindern bejammern. Doch so weit zu gehen, den murmelnden Reihensechszylinder mit der sanft schaltenden Automatik zu schelten? Kaum. Zumal er sich mit 7,2 l/100 km bewegen lässt, wenn es nicht pressiert. Nochmals ökonomischer dürften die kommenden Hybrid-Versionen unterwegs sein. Der S 500 nutzt immerhin bereits jetzt den mildhybriden 250-Nm-Boost des Startergenerators – jener rekuperiert zumindest ein bisschen, unterstützt aber vor allem den Dreiliter äußerst bereitwillig: In Kombination steigert der Antrieb das Tempo mit der aufreizenden Leichtigkeit seiner 520 Nm scheinbar beliebig und vor allem prompt.

Gelassen bleibt der S 500 mit Allradantrieb selbst bei den querdynamischen Versuchen. Die Kollegen der Testabteilung berichten von unerschütterlicher Stabilität beim schnellen Ausweichen, bevor sich die Fuhre sanft untersteuernd ihrer Grenzgeschwindigkeit nähert – Letztere erreicht man jenseits der Teststrecke nur mit investigativem Mutwillen. Denn lange unterhalb des Grip-Verlusts ist das Kurventempo bereits imponierend hoch. Zumal es Fahrer und Fahrzeug aus dem Ärmel schütteln. Ohnehin scheint es keine Aufgabe zu geben, welche diesen Wagen in erhöhte Körpertemperatur versetzen könnte. Und damit keinen Grund, auf das Sicherheitsarsenal zurückgreifen zu müssen.

Ganz großer Genuss

Mercedes S 500 4Matic im Test: Noch immer das Maß der Dinge? (16)

Maximilian Balázs

Daran wird sich die Konkurrenz messen müssen: Mit der neuen S-Klasse setzt Mercedes ein beeindruckendes Statement – bei Komfort und Multimedia, bei Fahrsicherheit und Wendigkeit. Und bei der Sicherheit.

Es ist möglicherweise die letzte (kurze) S-Klasse, von der man stolz berichtet, dass man sie fährt. Und nicht, dass man sich von ihr autonom kutschieren lässt. Außer im Stau oder beim Einparken käme man kaum auf derartige Gedanken, denn der Genuss am Steuer ist groß. Wer in einer Luxuskarosse den Drang nach einem Autopiloten verspürt, sitzt möglicherweise in einem unausgegorenen Modell – keinesfalls aber in diesem Mercedes. Gleichwohl hat er für Level drei alles am Start. Erlaubnis vorausgesetzt, soll die S-Klasse Ende 2021 völlig eigenständig dahinströmen. Zunächst zumindest bis Tempo 60 auf Fernstraßen. Automatisiertes Stop-and-go-Schleichen klappt jetzt schon ausgezeichnet. Endlich übrigens auch das automatisierte Spurhalten auf der Langstrecke ohne Schlingerfahrt.

Die S-Klasse zeigt sich am Puls der Zeit, ohne jedem Hype hinterherzuhecheln. Es gehört zu ihren vornehmsten Tugenden, Wichtiges von Wichtigtuerei zu unterscheiden. Entsprechend behauptet sie sich als Hightech-Hardware gegen die binäre Banalisierung. Gegen den herbeigetwitterten Trend, dass die Karosserie gefälligst zur austauschbaren Hülle für Digital-Tand werden soll – eine Hülle von dieser Qualität dürfte sich bis auf Weiteres kaum disruptieren lassen. Freilich muss Mercedes aufpassen, nicht in den Strudel effektheischerischer Fortschritts-Gaukler gezogen zu werden.

Denn in einer multimediafreien Minute, wenn das kritische Denken wieder anläuft, da überkommt einen die Frage, ob Kunden tatsächlich Optionen à la biometrischer Authentifizierung herbeigesehnt haben. Oder eine Verbindung zu ans Internet angeschlossene Geräte zu Hause. Oder ob einem bezüglich der satt klingenden 3-D-Burmester-Anlage (1.559 Euro) kein anderer Nutzen einfällt, als darüber per Zwiegespräch mit der Alexa-ähnlichen Assistentin die Langeweile totzuschlagen. Man könnte stattdessen schlicht die Ruhe beim Fahren genießen. Hierfür lassen sich in einer Welt des aufgeregten Spektakels schließlich immer seltener Resonanzräume finden. Der derzeit überzeugendste auf vier Rädern dürfte die S-Klasse sein.

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... mega-innovativ!... mir zu vollgestopft!

Karosserie

sehr gute Verarbeitung von ausgesuchten Materialien

weiträumige Platzverhältnisse

großer Kofferraum

sehr gute Sprachsteuerung

Head-up-Display mit Zusatznutzen (Option)

enorm kleiner Wendekreis (mit Hinterachslenkung)

gewöhnungsbedürftige Lenkrad-Bedienfelder

hakelige Türgriffe (Option)

Fahrkomfort

herausragende Sitze mit Massagefunktion (Option)

Wellness-Programm (Option)

geringe Fahrgeräusche

absorptionsfreudiges Luftfahrwerk

Antrieb

durchzugsstarker und kultiviert laufender Antrieb

sanft schaltende Automatik

sehr gute Fahrleistungen

Fahreigenschaften

beeindruckende Fahrstabilität

unerwartet hohe Agilität und Wendigkeit

präzise Lenkung

unerschütterliche Traktion

enorme Souveränität

Sicherheit

umfassende Assistenzen

herausragendes Licht (Option)

standfeste Bremsanlage

Umwelt

Startergenerator rekuperiert und unterstützt

Getriebemodus mit Rollphase samt abgestelltem Verbrenner

noch akzeptabler Verbrauch

lange Nutzungsdauer und damit nachhaltig

Kosten

sehr hoher Grundpreis

verführerische, aber sehr teure Optionen

Fazit

Daran wird sich die Konkurrenz messen müssen: Mit der S-Klasse setzt Mercedes ein beeindruckendes Statement – bei Komfort und Multimedia, bei Fahrsicherheit und Wendigkeit. Und bei der Sicherheit.

Technische Daten

Mercedes S 500 4Matic
Grundpreis129.103 €
Außenmaße5179 x 1954 x 1503 mm
Kofferraumvolumen550 l
Hubraum / Motor2999 cm³ / 6-Zylinder
Leistung320 kW / 435 PS bei 6100 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,9 s
Testverbrauch9,8 l/100 km

Alle technischen Daten anzeigen

Mercedes S 500 4Matic im Test: Noch immer das Maß der Dinge? (18)

Marcus Peters

Redakteur

Gestatten, Marcus Peters, Autoaktivist. Ich setze mich für das Automobil in seiner aktivsten Form ein.

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Name: Trent Wehner

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Job: Senior Farming Developer

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